Über den Alltag aufregen? Geht das noch?
Es gab Momente in meiner Trauer, bei denen ich mir nicht vorstellen konnte, dass ich mich jemals wieder über Alltagsdinge aufregen könnte. Ich war so niedergeschlagen und desinteressiert an allem um mich herum. Alles war mir egal. Eigentlich hätte ich in der Zeit nichts gebraucht, weder essen noch trinken noch Freunde oder Verwandte. Die Menschen, ihre „kleinen“ Probleme haben mich nicht interessiert. Ich zog mich in mein Schmerz-Schneckenhaus zurück.
Aber trotz aller Trauer und schrecklichen Ereignissen, fing ich mich nach ein paar Wochen wieder an, über Alltagsdinge zu ärgern. In den schlimmsten Trauerphasen ist das schwer zu glauben. Erst denken wir, nichts ist wichtiger als dieses Ereignis und dieser Schmerz, nichts kann einem mehr anhaben, nichts mehr im Leben treffen. Und dann schleicht sich irgendwann der Alltag mit seinen ganzen Herausforderungen ein. Alles ist fast wie eh und je. Da tropft der Wasserhahn, der Abfluss ist verstopft, das Kind kommt zu spät nach Hause, das Finanzamt schreibt, die Schwiegermutter geht einem auf die Nerven und schwuppdiwupp sind wir wieder im alltäglichen Wahnsinn.
Wenn du dich über diese Reaktion wunderst, darf ich dich trösten: Das ist der normale Verlauf, wir nennen es All-Tag. Es passiert, weil wir dann doch irgendwann die Trauer zur Seite oder ins Unterbewusstsein schieben. Wir lassen es zu, dass der Alltag wieder überhandnimmt. Vermutlich ist das auch ein Schutz, um nicht ganz zu verzweifeln und an unserem Umfeld wieder teilzunehmen.
Was kannst Du tun? Trauerarbeit ist der Weg zur Wiederherstellung des Gleichgewichts. Dazu gehören auch die kleinen Dinge des Alltags. Du sagst vielleicht: Ich will mein altes Leben wieder zurück und ich sage dir: Die kleinen Dinge des Alltags sind dein Leben. In meinem Buch: Verwitwet. Verwaist und doch verkraftet findest du noch weitere Anregungen, um deine Trauerzeit gut zu überstehen.
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Deine Margit